Eine Fortsetzungsgeschichte

 

Vorbemerkung

Der vorliegenden Erzählung liegt eine wahre Geschichte zugrunde, die sich zu jedem Zeitpunkt einen Hauch in der Zukunft abspielt. Sie wird als Fortsetzungsgeschichte mit in der Gegenwart lebenden, liebenden und handelnden Protagonisten erzählt, deren Namen der Redaktion bekannt sind.


(Vorläufiges) Inhaltsverzeichnis

 

1. Unverhofft hinzugewonnene Lebensfreude

2. Lucas’ Monolog

3. Enzo kostet vom Eingemachten

4. Emma Silver ist zurück (demnächst zu lesen)

?. Wenn wir weiter gesehen haben, dann weil wir
?. auf den Schultern von Riesen standen


1. Unverhofft hinzugewonnene
1. Lebensfreude

Enzo ist Arbeiter – sagt er selbst über sich, in klassischem Sinne wohlgemerkt – ohne Vorbehalte. Diese vortreffliche wie ehrliche und unbekümmerte Eigensicht gedeihte im Laufe seines fast 40jährigen Berufslebens und festigte sich derweil unverrückbar. In trauter Gewohnheit las er also am vergangenen Dienstag – morgens, im Zug auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle – seine Zeitung. Ansonsten den Meldungen dort hartgesotten gegenüberstehend, elektrisierte ihn an diesem Morgen eine jede seiner gewohnten Sichtweisen geradezu pulverisierende Überschrift: „Demokratie und Kapitalismus schließen einander aus“ … stand da … Enzo hatte sich nicht etwa getäuscht. Seine spontane Sympatie für solch eine eindeutige klare Aussage – Enzo liebt eindeutige klare Aussagen – wich plötzlich großer Skepsis. Noch vor kurzem hatte er doch in einer TV-Talkrunde einem renommierten Politiker die Aussage abgelauscht, wir hätten gar keinen Kapitalismus bei uns, sondern die soziale Marktwirtschaft … ? … Enzo entschloss sich, seinen Kollegen und langjährigen Freund Luca, den er in ungefähr zehn Minuten am Arbeitsplatz sehen würde, mit seinen widerstreitenden Gefühlen zu konfrontieren. Luca ist Fachmann auf dem Gebiet, dachte er noch.

Das mit dem Fachmann stritt Luca allerdings prompt ab, jedoch nicht ohne vorher seinem alten Freund zu danken, dass dieser ihn auf jene eindeutige und klare Aussage in der heutigen Morgenzeitung hinwies. „Du ahnst nicht meine Freude über die Tatsache, dass jene vollendete These, nämlich dass Demokratie und Kapitalismus einander ausschließen, jetzt sogar öffentlichen zu lesen ist. Und, Enzo – vorab – Du kannst ganz beruhigt sein: sie stimmt. Und um nochmal auf den ,Fachmann‘ zurückzukommen: Du selbst hast fachmännisches – wenn man es überhaupt so nennen will – an den Tag gelegt schon dadurch, dass Dich diese Hoffnung machende Aussage derart aufgewühlt hat – allein das ist mehr als Gold wert. Fachfrauen und Fachmänner – um bei dem Begriff zu bleiben – sind im Eigentlichen wir alle auf jenem Parkett, genauso wie alle Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Globus. Und dieses Parkett heißt Antikapitalismus. Es ist beileibe nicht so schwierig zu beschreiten, wie der Anschein es vortäuscht. Im Gegenteil, eigentlich ist es ganz einfach: die eigene Lebenserfahrung hievt einen Menschen direktemang auf das Parkett. Natürlich muss man sich einiger Tatsachen erst bewusst werden, das ist anfangs nicht ganz so einfach, macht mit fortschreitender Erkenntnis dann aber um so mehr Freude – ich versprechs.“

Enzo wurde schon etwas unheimlich zumute angesichts der Vehemenz, die Luca an den Tag legte zum aktuellen Thema, dennoch war er sich vollkommen sicher, den Richtigen gefragt zu haben. Nachdem Luca ihm noch erzählt hatte, dass er mit Freundinnen und Freunden die vorliegende, höchst faszinierende Thematik schon eine geraume Zeit intensiv diskutierte, verabredeten sich beide mit großer Vorfreude für die nächste Woche schon, um gemeinsam das Ganze zu vertiefen.

Es gab viele Treffen und war Enzo anfangs noch zu beeindrucken durch die Klarheit, Bestimmtheit und scheinbare Arroganz seiner neuen Schwestern und Brüder im Geiste, so legte er sich doch bald dieselbe lebensfrohe Dreistigkeit in der Betrachtung zu – weil sie ihm notwendig zu sein schien … wie recht er damit hatte. Geradezu im Schnelldurchgang und dabei völlig mühelos vermochte Enzo zu verstehen, dass man beim Thema Antikapitalismus z.B. die massenhaften Auslassungen selbst- oder staatsernannter Akademiker:innen getrost und nahezu zur Gänze schnellstens beseite legen – am besten noch sofort wieder vergessen kann. Nicht weil sie in Teilen nicht sogar nützliche Gedanken zur Niederschrift gebracht hätten, sondern weil allen der gleiche entscheidende Fehler unterläuft: mit geradezu penetranter Hartnäckigkeit versuchen sie sämtlich, am Kapitalismus noch ein gutes Haar zu finden … obwohl nichts dergleichen existiert – Kapitalismus ist immer und in jedem Falle zerstörerisch, nie konstruktiv oder womöglich gar der Gemeinschaft der Menschen zugewandt.  

       Lucas’ Monolog